Der Hyazintara ist schwierig zu züchten
Während vieleAraarten bereitwillig zur Zucht schreiten, stellt uns der Hyazinthara immer wieder vor besondere Herausforderungen. Nichtsdestotrotz ist er ein faszinierender Pflegling, ein charismatischer Papagei, dessen Charme man immer wieder erliegt.
Dunkle glucksende Töne, die beiden Köpfe werden schaukelnd nach vorne und wieder zurück geneigt, dabei leuchtet die gelbe Wachshaut beim Schnabelansatz, die wuchtigen, schwarzen Schnäbel heben sich markant davon ab, das Gefieder ist gesträubt, die gelben Augenringe verleihen dem Blick der Vögel etwas Schalkhaftes. Das Hyazintharapaar reagierte stark auf meine Ansprache. Dieses Verhalten ging immer Scheinkopulationen voraus. Bald wurden die Kloaken gegeneinander gestemmt, die langen, dunkelblauen Schwänze ragten in die Höhe. DieVögel gaben nun kehlige, raunende Laute von sich, die sich steigerten. Andere Hyazintharapaare in der gleichen Anlage stimulierte dieses Verhalten. Mit ihren gesträubten Kopf- und Nackenfedern, dem Hüpfen an Ort, dem Kopfschaukeln und der gelben Wachshaut wirken die Vögel für mich immer wie Clowns.
Haltung nur mit Haltebewilligung
Hyazintharas werden in zoologischen Gärten manchmal zusammen mit bodenbewohnenden Säugetieren gehalten, so früher auch im Tierpark Dählhölzli in Bern, wo im gleichen Gehege Kleinkantschils (Tragulus javanicus) aus Südostasien lebten. Anderswo werden Agutis (Dasyproctidae) zusammen mit diesen Aras gehalten. Es konnte festgestellt werden, dass bei Anwesenheit dieser Säugetiere vermehrt Scheinkopulationen durchgeführt wurden, die der Festigung der Paarbeziehung dienen. Richtige Kopulationen dauern länger und enden in lang gezogenen, kehligen, krächzenden Lauten, die unverkennbar auf kopulierende Hyazintharas hinweisen. Wer Hyazintharas halten will, benötigt einen Sachkundenachweis. Die beiden Vogelhalterverbände Ziervögel Schweiz und Exotis arbeiten an entsprechenden Ausbildungsunterlagen. Zudem wird eine Haltebewilligung benötigt, die das kantonale Veterinäramt ausstellt. Es muss ein Innengehege mit dem Volumen von 30 m3 vorhanden sein (432,533 Meter). Eine Aussenvoliere wird teilweise angerechnet. Selbstverständlich ist es ideal, wenn Hyazintharas kombinierte Innen-Aussen-Volieren zur Verfügung haben, doch spielt nicht nur die Raumquantität eine Rolle, sondern auch die Raumqualität. Wer Hyazintharas halten will, braucht deshalb eine starke körperliche Verfassung, denn die Vögel mit den wuchtigen Schnäbeln wollen stets frisches Holz zur Verfügung haben, das sie zernagen können. Mehrmals wöchentlich sollten frische Äste gereicht werden. Ich stattete die Volieren jeweils mit Hauptsitzästen aus hartem Buchenholz aus. Daneben reichte ich zweimal wöchentlich Weiden-, Ulmen- oder Eschenäste. Genüsslich rissen die Vögel die Blätter ab und zernagten die Rinde. Dabei nahmen sie immer wertvolle Mineralien auf.
Die Hyazintharas badeten auch gerne in den flachen Badeschalen, die einmal täglich mit frischem Wasser nachgefüllt wurden. Nach dem Bade leuchteten die Vögel meerblau. In jeder Voliere befand sich zudem eine Sprinkleranlage; war sie in Betrieb, wurde sie von den Hyazintharas begeistert benützt. Das Rauschen im Vogelhaus hat jedes Mal fast alle Paare zum Duschen animiert.
Es ist nicht leicht, in der Schweiz zu einem Paar Hyazintharas zu kommen. Hier werden die zu den grössten Papageien gehörenden Vögel selten gehalten und noch seltener gezüchtet. Interessenten müssen bereit sein, entsprechende Vögel aus Nachzuchten im europäischen Raum zu erwerben.
Das Volierengitter und die Ausstattung müssen massiv sein, denn die Aras können mit ihren starken Schnäbeln mühelos Futtergefässe aus den Halterungen reissen und auf den Boden werfen. Hyazintharas sind zudem, wie alle Aras, sehr laut und können kaum im Wohnbereich gehalten werden.
Interessant finden Hyazintharas es auch, natürlichen Boden zu inspizieren. So spielen sie mit Steinen, wühlen mit ihren Schnäbeln im Sand und zerkleinern Rindenmulch oder reissen Grashalme ab. Beim Einrichten der Voliere sollte man dies berücksichtigen und sie möglichst interessant gestalten, dies hält die Sinne der Vögel wach und macht das Beobachten umso interessanter. Ich habe schon Aussenvolieren von Hyazintharas gesehen, die attraktiv bepflanzt waren. Entweder wuchsen Bambuspflanzen oder hohes Schilf. Daran führte kein Sitzast vorbei. Die schweren Vögel konnten sich nicht an den schwachen Halmen festhalten und die dünnen Stängel auch kaum behelligen, da sie den Busch von keinem Ast aus erreichen konnten. Ich erinnere mich an Volieren mit Lorbeer im unteren Bereich oder mit schwarzem Holunder.
Begehrte Nüsse
Hyazintharas im Freiland ernähren sich vorwiegend von Nüssen. In der Umgebung von São Gonzalo do Gurgueira, einem Dorf im Nordosten des brasilianischen Bundesstaats Piaui, beobachtete ich, wie Hyazintharas die Nüsse der Syagrus- und der Attalea-Palme knackten. Diese Palmen bilden ihre Kronen als Schutz vor natürlichen Feuersbrünsten direkt über dem Boden aus. Die Vögel waren es deshalb gewohnt, sich ihre Nahrung auf dem Boden zu beschaffen. Obwohl ich es selber nie beobachten konnte, so glaube ich doch, insbesondere auch dank Hinweisen ehemaliger Fänger, dass Hyazintharas in ihrer natürlichen Umgebung Früchte und Beeren aufnehmen, wenn auch nicht so intensiv wie andere Arten. Das erklärt auch ihre Vorlieben in Menschenobhut. Wenn ich ausreichend Nüsse fütterte, waren die Sämereien lediglich eine Nussunterlage, Früchte wurden kaum angerührt. An Nüssen reichte ich Baumnüsse, Haselnüsse, Paranüsse, Macadamianüsse, Erdnüsse und Bocaiuvanüsse. Es war nicht immer einfach, die verschiedenen Nusssorten in der Schweiz zu beschaffen, da entsprechende Firmen in Deutschland wegen der komplizierten Formalitäten oft nicht in die Schweiz liefern. Dazu kommt, dass diese Nüsse sehr teuer sind. Doch das Verfüttern von Nüssen ist essenziell und lohnt sich. Bedenken, die Aras könnten verfetten, hatte ich nie. Hyazintharas benötigen eine Ernährung, die sehr fettreich ist. In Brasilien beobachtete ich, wie sie das kokosnussartig schmeckende weisse Fruchtfleisch der Nüsse abschabten. Bei frischen Nüssen tranken sie die Flüssigkeit darin sogar.Also begann ich mit dem Verfüttern von Kokosnüssen, die ich mit dem Hammer zerschlug und deren Fruchtfleisch in Stücke brach. Die Flüssigkeit fing ich in einer Schale auf und leerte sie über die Früchte. Es war eine Freude zu beobachten, wie die Hyazintharas die frischen Kokosstücke in ihren Schnäbeln hielten und das Fruchtfleisch mit dem Unterschnabel abschabten. Beim Reichen der steinharten Bocaiuvanüsse konnte ich beobachten, wie die Hyazintharas zum Fixieren der Nuss einen Holzspan zwischen der runden Nuss und dem Oberschnabel einklemmten, um zu verhindern, dass die Nuss wegrutschte. Sie arbeiteten so lange an diesen Nüssen, bis sie sie geknackt hatten.Natürlich reichte ich auch Keimfutter sowie eine auf einer hohen Basis Sonnenblumenkerne aufgebaute Samenmischung. Früchte und Gemüse der Saison erhielten die Aras täglich; sie nahmen immer davon, wenn auch nur mässig. Regelmässig streute ich ein Kalkpulver über die Früchte und das Keimfutter.Ohne Harmonie keine ZuchtWer Hyazintharas neu anschafft hat vielleicht das Glück, bereits zusammengestellte Paare erwerben zu können. Vielleicht auch zwei Jungvögel. Diese werden ungefähr ab dem vierten Jahr geschlechtsreif. Bei Jungvögeln kann man nur hoffen, dass sie auch harmonieren, was nicht immer selbstverständlich ist. Wir hatten ein Paar, das offensichtlich nicht harmonierte. Das Weibchen forderte das Männchen stets zur Kopulation auf. Das Männchen sass aber reglos mit eng angelegten Federn in einer Ecke der Voliere. Sie brauchten andere Partner. Doch erst einmal wurden sie zwei Monate einzeln gehalten. Das Bedürfnis nach einem Partner war gross und das bedrängte Männchen fand mit seiner neuen Partnerin sein Glück, während das Werben desWeibchens bei einem alten Männchen, dessen Weibchen verstorben war, auf Gegenliebe stiess.Ist ein harmonierendes Paar zusammen, wird bald auch ein Gelege gezeitigt. Unsere Paare bevorzugten die Nistkästen, die aus Betonrohren gefertigt waren. Der Durchmesser betrug zwischen 50 und80cm,die Höhe bis 50cm,der Durchmesser des Einschlupfloches lag zwischen 25 und 30 cm. Die Hyazintharapopulation in Piaui, die ich beobachten konnte, nistete in Felshöhlen, weshalb Betonrohrnistkästen gar nicht so fremd für die Vögel sind. Ich füllte diese Höhlen stets mit Rindenmulch und Holzschnitzeln, dazu gab ich morsches Holz aus dem Wald in die Kästen. Vor einer Eiablage wurde im hinteren, düsteren Bereich eine Mulde gegraben und das morsche Holz wurde zerkleinert. Meistens wurden im Abstand von zwei bis drei Tagen zwei weisse Eier gelegt und rund 28 Tage lang bebrütet. Doch leider starben die Embryonen im Ei oft kurz vor dem Schlupf ab. Gelang der Schlupf, wurden sie nicht von den Altvögeln gefüttert.Die Hyazintharazucht erfordert viel Geduld und kann zermürbend sein. Verständlicherweise müssen Paare die Aufzucht auch üben können. Erfolgreiche Züchter haben oft mehrmals Junge verloren, bis die Eltern plötzlich mit dem Füttern begannen. Der erfolgreiche Züchter Norbert Hebel aus Ellerstadt in Deuschland installierte eine Nistkastenkamera. Auf den Filmen ist eindrücklich zu sehen, wie schwierig es für die Eltern ist, ein winziges, 26 g schweres Junges zu füttern. Viel Futter geht daneben und wird regelrecht über das Kleine gegossen, das die Eltern dann vorsichtig mit ihren dicken, fleischigen Zungen reinigen.Anspruchsvolle KunstbrutDie Aufzucht durch die Eltern ist natürlich das Beste, was sich in unseren Volieren ereignen kann. Die Eltern können ihrem natürlichen Brut- und Aufzuchtgeschäft nachgehen und der Jungvogel kann unter natürlichen Bedingungen heranwachsen. Wir haben wegen der bereits erwähnten Misserfolge auch zur Kunstbrut gegriffen, wobei die Eier immer erst nach rund vierzehntägiger Bebrütung durch die Eltern entnommen wurden.Die Eierentnahme war allerdings kein leichtes Unterfangen, da sich dieVögel dagegen wehrten. Besser geeignet dafür wären Nistkästen, wie ich sie beim schwedischen Züchter Jonas Wahlström sah. Das Einschlupfloch war von aussen verschliessbar, sodass die Altvögel ausgesperrt werden konnten. Die Hyazintharazüchter Nüchter aus Malta hingegen finden gerade das nicht gut. Sie hantieren in den Kästen, die aus Holz übers Eck gebaut sind, wenn die Altvögel zuschauen können. Sie haben eine ganz besondere Beziehung zu ihren Tieren.Im Inkubator bebrüteten wir die Hyazintharaeier ohne Wasser. Die Luftfeuchtigkeit sank auch so kaum einmal unter 40 Prozent. Die Hyazintharaembryonen schlüpften immer besser unter trockenen Bedingungen. Der Schlupfprozess dauerte immer sehr lange. Vom Beginn des Anpickens des Eis bis zum Schlupf können problemlos mehr als 48 Stunden vergehen. Leider hatten viele Embryonen das Eidotter nicht ganz eingezogen, weshalb sie nicht überlebensfähig waren.Einen Hyazinthara von Hand aufzuziehen ist eine Verpflichtung für die nächsten acht Monate, manchmal ist es gar nötig, Jungvögel über diese Zeit hinaus noch zweimal täglich von Hand weiterzufüttern. Es ist von Vorteil, wenn sie mit anderen grossen Aras anstatt alleine heranwachsen können. Mit Freude erinnere ich mich an einen jungen, handaufgezogenen Hyazinthara, der mit mir am Boden spielte und herumtollte wie ein junger Hund.Hyazintharas unter brasilianischer SonneHyazintharas gehören zu den Blauaras und kommen in drei unterbrochenen Verbreitungsgebieten in Brasilien vor: im Pantanal, in den Bundesstaaten Piaui und Bahia sowie eine Population im Amazonasregenwald entlang des Rio Tapajos und auch in Amapa. Während das Pantanal von wiederkehrenden Überschwemmungen geprägt ist und die Vögel dort in Baumhöhlen brüten, die rar sind, lebt die Population in Piaui und Bahia im Cerrado, einem interessanten Trockenwald, der von Palmensümpfen (Mauritia flexuosa) durchzogen ist. Die rötlichen Felswände der Tafelberge leuchten in der Sonne. Sie beherbergen zahlreiche Höhlen, die laut ehemaliger Fänger immer wieder von den gleichen Paaren besetzt werden. Sie sind teilweise so gross, dass ein Mensch darin stehen kann. Das Weibchen sitzt dann auf einem Vorsprung und brütet auf Sand.Nie werde ich die Sternstunden mit Hyazintharas vergessen, die ich in Piaui erlebte. Ehemalige Fänger legten Nüsse der Palmengattungen Syagrus und Attalea aus. In einem Versteck lauernd konnte ich beobachten, wie sich gegen 60 Hyazintharas über die Nüsse hermachten und dabei mehrere Exemplare in die Schnäbel nahmen, bevor sie sich für eine Nuss entschieden. Manche zeigten auch das Verhalten des Hamsterns. Sie flogen mit zwei Nüssen in den Krallen und einer im Schnabel auf einen nahen Baum, sie konnten nur noch auf den Fussgelenken sitzen, da sie in beiden Krallen Nüsse hielten, die sie nach und nach knackten.Die Arara Preta (Schwarze Aras), wie sie von den Brasilianern genannt werden, wirkten in der Tat im Flug ganz schwarz. Jungvögel waren ohnehin an ihrem schwärzlichen Gefieder zu erkennen. Ausser dem Menschen haben Hyazintharas kaum Feinde. Selten werden ihre Nisthöhlen von Riesentukanen (Rhamphastos toco) oder Schlangen geplündert. Sie sind aber so wehrhaft, dass sie das meistens verhindern können. Um den Mangel an Nistplätzen im Pantanal auszugleichen ging man dazu über, künstliche Bretternistkästen anzubringen.Lars LepperhoffLiteratur: Lepperhoff, L. (2004): Aras - Freileben,Verhalten, Pflege, Arten, 224 Seiten, Ulmer-Verlag, StuttgartLepperhoff, L. (2006): Embryotod beim Hyazinthara «Tierwelt» Nr. 28, 14. Juli 2006, S. 24-26Tierwelt, Nr. 2, 2010