Die Fülle der Federfarben
Die Federn sind das eindeutige Merkmal aller Vögel. Ihr Federkleid schützt sie vor Kälte, aber auch vor Wärme oder Nässe. Die Federn erst ermöglichen den Vogelflug, indem sie Trag- und Steuerflächen ausbilden und dem Vogelkörper eine aerodynamische Form verleihen. Etwas vom Faszinierendsten aber ist die Farbenfülle, die man auf Federn finden kann.
Farben entstehen, wenn nur Teile aus dem Spektrum des sichtbaren Lichtes reflektiert werden. Die Feder erreicht dies auf drei Arten: Man unterscheidet Pigmentfarben, Strukturfarben und Haftfarben.
Pigmentfarben entstehen während des Federwachstums durch Einlagerung von Substanzen (Pigmenten). Dabei gehen schwarze, braune und gelbe Farbstoffe auf Melanine zurück. Man unterscheidet stäbchenförmige, schwer lösliche, schwarze bis braune Eumelanine und körnchenförmige, leicht lösliche, gelbliche bis bräunliche Phaeomelanine. Eumelanine sind zum Beispiel für die Färbung von Krähen und Amseln verantwortlich, während ein gelbes Phaeomelanin die gelbe Dunenfärbung der Haushuhnkücken verursacht. Neben den im Körper gebildeten Melaninen findet man Diffusfarbstoffe, die fettlöslich sind und daher auch Fettfarbstoffe oder Lipochrome genannt werden. Der Vogelkörper kann sie nicht selbstständig herstellen, sondern nimmt sie aus der Nahrung. Rote bis gelbe Pigmentfarben stammen oft aus der Gruppe der Karotinoide. Fehlt in der Nahrung der Grundstoff der Farbbildung, bleicht das Gefieder mit der nächsten Mauser aus, was etwa bei roten Kanarienvögeln der Fall ist. Ganz selten sind grüne Karotinoide, wie etwa bei Turakos oder manchen Tauben. Viele Farbstoffe sind in ihrer Molekülstruktur noch unbekannt, so die gelben und roten Farbstoffe vieler Papageien. Das gelbe Pigment des Wellensittichs ist kein Karotinoid.
Strukturfarben sind die Folge besonderer physikalischer Beschaffenheit der Feder als reflektierende Fläche. Das Ergebnis einer totalen diffusen Lichtreflexion ist Weiss. Nicht schillernde Strukturfarben entstehen durch Absorption oder Reflexion von Teilen des sichtbaren Lichtes. Reines Blau ist auf Federäste beschränkt. Dies zeigt sich hervorragend bei den Schwungfedern des Gelbbrustaras. Im Unterschied zu Schillerfarben ändert sich die Farbe nicht mit dem Blickwinkel. Sind die Teilchen kleiner als die Wellenlänge des roten Lichtes, wird ein hoher Anteil des kurzwelligen Spektrums reflektiert, und die Struktur erscheint blau.
Farben durch Lichtbrechung
Schillerfarben entstehen durch die wechselnde Lichtbrechung an dünnen Blättchen und sind auf eine spezielle Struktur der Federstrahlen zurückzuführen. Ein besonderer Effekt ist die samtige Oberfläche des Gefieders, wie sie etwa Paradiesvögel und Feuerweber zeigen. Hier wird Licht nicht parallel an grösseren Flächen reflektiert, sondern an vielen gegeneinander unterschiedlich ausgerichteten Feinstrukturen.
Bei Mischfarben wirken oft nicht nur zwei verschiedene Pigmente, sondern Pigment und Struktur zusammen. Wird im Fall der für Blau angelegten Strukturen in die äusseren lufthaltigen Zellen eine dünne Lage gelber Farbstoff eingelagert, entsteht als Mischfarbe Grün. Bei vielen Papageien ist dies der Fall, auch beim Wellensittich. Violett oder Lila kann ebenso eine solche Mischfarbe sein. Beim Pflaumenkopfsittich enthalten die Strahlen rotes Pigment, die Äste fügen blaue Strukturfarbe hinzu. Das Goldgelb mancher Tangaren entsteht aus einer Kombination von Struktur der Äste, Karotinoiden und Blaustruktur der Strahlen. Olivgrün ist oft eine Mischfarbe verschiedener Pigmente.
Zu guter Letzt gibt es noch Haftfarben: Sie bilden sich durch Anlagerungen von Substanzen von aussen an die Feder nach ihrer Verhornung. Sie stammen meist aus dem Sekret der Bürzeldrüse oder aus der Umgebung des Vogels. Der Doppelhornvogel überträgt mit seinem Schnabel gelbe Farbstoffe auf die weissen Schwingen. Aus der Umgebung wird oft Eisenoxid angelagert. Die Rostfärbung des Bartgeiers wird sowohl durch die Struktur der weissen Unterseitenfedern als auch durch den hohen Eisenoxidgehalt der Felshöhlen und -spalten seines Lebensraumes begünstigt. Vögel in Industriegebieten werden mitunter durch anhaftende Russpartikel schwarz gefärbt.
Franziskus Graber
Zusammengefasst aus:
Bezzel Einhard, Prinzinger Roland, Ornithologie, Ulmer-Verlag, Stuttgart 1990.
Weiterführende Literatur zum Thema Feder:
Haller-Bernhard Margrit, Unerreicht federleicht, Natürlich, 23. Jahrgang Nr. 3/2003.
Portmann Adolf, Vom Wunder des Vogellebens, Piper, München 1984.
Tierwelt, Nr. 13, 2003