Kein Leben ohne Licht
Ohne Licht würde es weder pflanzliches noch tierisches Leben auf unserer Erde geben. Leider wird die Beleuchtung in der Vogelhaltung noch zu oft vernachlässigt. Doch Licht ist ebenso wichtig wie saubere Luft, Wasser und Nahrung.
Beim Thema Licht geht es nicht nur um das Licht, das den Raum erhellt, sondern es stellt sich zuerst die Frage: Was ist Licht überhaupt und was bedeutet es für unsere Vögel? Natürliches Licht enthält auch unsichtbare Strahlen, die wir erst bemerken, wenn wir etwa einen Sonnenbrand eingefangen haben. Sonnenlicht kann durch Kunstlicht nur teilweise ersetzt werden.
Das Sonnenlicht
Nicht alle Strahlen der Sonne treffen auf der Erdoberfläche auf. Die Strahlen, die die Ozonschicht der Atmosphäre durchdringen, setzen sich aus 7 Prozent ultraviolettem Licht (UV-Licht), 45 Prozent infrarotem Licht und 48 Prozent sichtbarem Licht zusammen. Diese Lichtarten unterscheiden sich voneinander durch ihre Wellenlänge. Ultraviolettes Licht hat eine besonders kurze Wellenlänge, wobei es zwei ultraviolette Bereiche gibt, UVA- und UVB-Licht.
Der Mensch kann nur das sichtbare Licht in seinen drei Grundfarben erkennen. Die Vögel sind uns in dieser Hinsicht überlegen. Vögel erkennen, wo die Sonne am Himmel steht, auch wenn die Sonne für uns hinter den Wolken nicht zu sehen ist. Unsere gefiederten Freunde sind in der Lage, neben den drei Grundfarben auch ultraviolettes Licht (UVA und UVB) zu sehen, so erscheint ihnen die Welt in besonders prächtigen Farben, die weit ausserhalb unserer Vorstellung liegen. Ein scheinbar schwarzer Beo erscheint in ultraviolettem Licht so viel bunter als manch farbiger Vogel.
Diese Art zu sehen, ist offenbar auch wichtig für die Partnerwahl. Vögel, deren Gefieder besonders stark fluoresziert, stehen laut Beobachtung der schottischen Biologin K. E. Arnold sowie einiger australischer Kollegen besonders hoch in der Gunst ihrer Artgenossen. So bevorzugen gewisse Wellensittichmännchen bestimmte Farben bei den Weibchen. Ich glaube, dass meine Vögel sich anders verhalten, wenn sie sich an der Sonne aufhalten können. Es liegt wohl daran, dass sie ihr volles Farbempfinden nutzen und so die wahre Pracht ihrer Umgebung wahrnehmen können. Vögel können dank der ultravioletten Abstrahlung von Früchten und Blüten erkennen, ob die Früchte reif oder die Blüten voll Nektar sind, was ihnen die Futtersuche wesentlich erleichtert. Vögel nehmen Licht zweifach wahr; einmal über die Netzhaut des Auges, diese Information geht über den Sehnerv ins Gehirn und auf einem besonderen Weg in die Hirnanhangdrüse, dann über die Nickhautdrüse, die das Auge umfasst und das Licht aufnimmt. Diese Drüse misst die Dauer des Lichts, dem der Vogel ausgesetzt ist und gibt die Werte an die Zirbeldrüse weiter. Zirbel- und Hirnanhangdrüse beeinflussen das ganze Stoffwechselsystem und regeln den natürlichen Jahreszyklus sowie den Fortpflanzungsrhythmus. Ebenso regulieren sie die Mauser.
Unsere Pfleglinge brauchen das ultraviolette Licht in erster Linie für die Eigenproduktion des Vitamins D3 (Cholecalziferol), das seinerseits verantwortlich ist für eine gesunde Knochenentwicklung. Viele Tierarten können Vitamin D3 ohne weiteres mit Hilfe von Sonnenlicht direkt in der Haut bilden. Die Vögel hingegen haben damit ein Problem. Da sie ein Federkleid besitzen, ist es ihnen kaum möglich, die benötigten Vitamine über die Haut zu bilden. Bei den meisten Vogelarten entnimmt die Bürzeldrüse direkt aus dem Blutkreislauf den Vorläufer des Vitamins und lagert ihn in den Drüsensekreten ein. Wenn der Vogel sich putzt, verteilt er die Drüsensekrete auf dem ganzen Gefieder und sorgt so automatisch dafür, dass die Sekrete dem ultravioletten Licht an der Sonne ausgesetzt werden. Wenn der Vogel sich wiederum putzt, nimmt er das durch UV-Belichtung entstandene Vitamin D3 auf, das nunmehr in Leber und Niere aktiviert wird. Es entsteht das aktive Vitamin D3, das 1a,25-Dihydroxycalziferol, das unter anderem den kontrollierten Ein- und Ausbau von Kalzium im Knochen reguliert.
Kunstlicht
Freie Grundstücke, wo Vögel ohne Ärger mit den Nachbarn draussen gehalten werden können, sind selten. Deshalb ist ein grosser Teil der in menschlicher Obhut gehaltenen Papageien und Exoten in Innenräumen, Innenvolieren oder gar in Kellern untergebracht. Weil ultraviolettes Licht bei den meisten Glühbirnen und Leuchtstoffröhren fehlt, sind die Vögel ohne Sonnenlicht oft den ganzen Tag unzureichenden Lichtverhältnissen ausgesetzt, was schon bald ihre Gesundheit beeinträchtigen kann. Indem Käfigvögel ans Fenster gesetzt werden, ist ihnen nicht viel geholfen, denn die Fensterscheibe lässt praktisch keine ultraviolette Strahlung durch.
Es gibt aber andere Möglichkeiten, den Vögeln im Haus dennoch gutes Licht zu bieten. Nicht geeignet sind gewöhnliche Glühlampen, da sich die Vögel daran verbrennen können. Auch spricht der hohe Stromverbrauch bei kleinem Nutzen gegen die Glühbirne. Leuchtstoffröhren sind wesentlich besser und werden nicht so heiss. Am besten verwenden wir zur künstlichen Beleuchtung Leuchtstoffröhren, die in ihrem Lichtspektrum einen Ultraviolettanteil haben. Auf keinen Fall sollten irgendwelche Höhensonnen oder Vergleichbares als Ultraviolettquelle verwendet werden, diese Höhensonnen lassen sich praktisch nicht dosieren - Verbrennungen bei den Tieren wären die Folge.
Auch Pflanzenlampen sind ungeeignet für unsere Pfleglinge, da diese ihre Vorzüge im roten und blauen Spektrum des Lichtes haben, was bei Vögeln zu Sehstörungen führt. Auch hat man wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Blaulichtanteil bei gewissen Arten für vermehrten weiblichen Nachwuchs verantwortlich ist. In gewissen Fällen kann blaues Licht gezielt eingesetzt werden, um mehr weiblichen Nachwuchs zu erhalten.
Die allgemeine Farbe des von der Röhre abgegebenen Lichts sollte der des Sonnenlichts so ähnlich wie möglich sein. Für Lampen mit Ultraviolettlicht, die nahe an die Farbe des Sonnenlichts herankommen, gibt es verschiede Anbieter auf dem Markt. Sehr empfehlenswert ist die Bird-Lampe der Firma Arcadia. Sie ist die einzige Vogellampe, die in beiden UV-Bereichen strahlt. Auch die amerikanische True-Lite-Lampe ist ein gutes, aber sehr teures Produkt. Beide Lampensysteme sind im Zoofachhandel oder im Elektrofachgeschäft erhältlich.
Einen Nachteil haben die Leuchtstoffröhren aber dennoch. Weil das Vogelauge bis zu 150 Bilder pro Sekunde aufnimmt, tritt bei der Verwendung normaler Vorschaltgeräte stets ein für den Vogel flimmerndes Licht auf. Das kann die Vögel irritieren. Man kann sich vorstellen, dass dies für Vögel etwa so unangenehm ist, wie wenn uns Menschen eine flimmernde Neonröhre stört. Deshalb sollten Vorschaltgeräte verwendet werden, die mit maximal 35 bis 50 kHz die Lampen ansteuern. Die Firma Arcadia liefert diese gleich mit. Vorschaltgeräte sind im Elektrohandel auch in dimmbaren Versionen erhältlich. Mit diesen lassen sich Sonnenauf- und -untergänge simulieren. Diese Dimmer funktionieren jedoch nur mit speziellen Leuchtstoffröhren. Man kann die Dimmung für das Nachtlicht nutzen, um eine Dämmerung zu simulieren.
Beinahe unerlässlich ist ein Timer. Er ermöglicht es, die Ein- und Ausschaltzeiten der künstlichen Beleuchtung einzustellen. Die Zeiten hängen in erster Linie von den gehaltenen Vögeln ab. Kommen die Pfleglinge aus Äquatornähe, kann eine fixe Beleuchtungszeit, also 12 bis 14 Stunden pro Tag, eingestellt werden. Je weiter die Tiere vom Äquator entfernt leben, umso mehr muss auf den Jahreszyklus der Vögel geachtet werden. Vor dem gewünschten Zuchtzeitpunkt sollte die Beleuchtungsdauer erhöht werden. Für die Wintersimulation eignet sich eine Beleuchtungszeit von 10 Stunden pro Tag, für den Sommer 16 Stunden pro Tag.
Wie viel Licht braucht es?
Bei der Beleuchtung mit Kunstlicht ist weniger nicht mehr. In unseren Breiten wird an einem sonnigen Tag eine Beleuchtungsstärke von 50 000 bis 100 000 Lux erreicht, in Tropengebieten ergeben sich viel höhere Werte. Selbst in den mittleren Etagen der Regenwälder werden noch 3000 Lux gemessen. Da sieht es schlecht aus mit Kunstlicht, es können bestenfalls 2500 Lux pro Lampe erreicht werden.
Die nötige Lichtmenge hängt von der gehaltenen Vogelart ab und davon, wie die Leuchten angebracht werden, nicht aber von der täglichen Beleuchtungszeit. Zu schwaches Licht lässt sich nicht durch längere Leuchtzeiten ausgleichen und umgekehrt gilt dies auch für zu starkes Licht. Auch wenn die Vögel eine Aussenvoliere nutzen können, brauchen sie eine ausreichende Beleuchtung im Innenflug. Daher empfiehlt es sich, auf eine Fläche von zwei Quadratmeter Innenvoliere mindestens eine 58-Watt-Leuchtstoffröhre zu installieren. Zu beachten ist dabei, dass die Wände möglichst weiss gestrichen sind, da dunkle Wände Licht schlucken und deshalb mehr Lampen montiert werden müssen, um den Vögeln genügend Licht zur Verfügung zu stellen.
Vögel aus Savannen und Steppen vertragen mehr Licht als Vögel, die in dichter Vegetation leben. Eine Voliere mit Waldvögeln ist durch eine Bepflanzung so zu beschatten, dass die Vögel sich auch mal in dunklere Ecken zurückziehen können. Wenn dies nicht möglich ist, etwa bei Kakadus oder Amazonen, kann durch eine Abdeckung der Lampe für schattige Bereiche gesorgt werden. Sollte die Beleuchtung zu stark sein, kann das zu Bindehautentzündungen sowie Überreizung und Nervosität führen.
Wohin mit dem Licht?
Das Licht sollte immer von oben strahlen. Ist der Käfig oder die Voliere oben geschlossen, sollte man die Lampe entweder in den Käfig oder die Voliere einbauen oder wenn nötig ein Loch in die Käfigdecke schneiden und die Leuchte dann von oben montieren. Filtern Sie das Licht nicht durch Schutzgläser oder Ähnliches, sondern hängen Sie die Lampen direkt in die Volieren und Käfige. Wenn ein Schutz nötig sein sollte, benutzen Sie ein grobmaschiges Gitter, dieses lässt die wertvollen ultravioletten Strahlen durch. Achten Sie darauf, dass die Stromkabel nicht für die Vögel zugänglich sind (Stromschlag).
Ist die Voliere oder der Käfig oben vergittert, können Sie die Lampen einfach darauflegen oder an der Decke montieren. In Kistenkäfigen sollten Sie die Lampe an der Gitterseite installieren, sonst werden Sie geblendet, wenn Sie die Vögel versorgen. Montieren Sie die Sitzstangen nie näher als 30 Zentimeter unterhalb der Lampe, sonst werden die Vögel geblendet. Da Leuchtstoffröhren nicht besonders heiss werden, ist kein zusätzlicher Schutz notwendig.
Werden Vögel in der Wohnung gehalten, ist es kaum möglich, genügend Sonnenlicht für die Tiere zu bekommen, da Fensterglas die ultraviolette Strahlung herausfiltert. Deshalb ist auch hier eine Lampe zu montieren. In diesem Fall hängen Sie die Lampe einfach über den Käfig, dann haben ihre Stubenvögel genügend ultraviolettes Licht, um gesund zu bleiben.
Das Nachtlicht
Als Nachtlicht eignen sich die im Handel erhältlichen Babylampen, da diese Lampen einen eingebauten Lichtsensor haben. Dieser Sensor schaltet das schwache Licht automatisch ein, wenn das Hauptlicht abgeschaltet wird. Mit dem zur Verfügung stehenden Licht können die Vögel sich in der Nacht ausreichend orientieren und ernsthafte Verletzungen können vermieden werden.
Als Alternative bieten sich die in letzter Zeit häufig angebotenen Salzkristalllampen an. Salzkristalllampen haben den grossen Vorteil, dass sich die Luftqualität deutlich verbessert, wenn die Lampe in Betrieb ist. Die Lampe ersetzt zum Teil die teuren Ionisatoren, da der Salzkristall durch die Wärme der Glühbirne in seinem Innern positive Ionen produziert. Die positiven Ionen sorgen dann wie beim Ionisator für eine bessere Luftqualität. Zudem ist das orange Licht für die Vögel in der Nacht nicht so störend wie weisses Licht. In meiner Zimmervoliere lasse ich die Salzkristalllampe den ganzen Tag leuchten, dadurch haben sich schlechte Gerüche verflüchtigt. Bei einem Ganztagesbetrieb der Lampe erübrigt sich das Schaltgerät für das Nachtlicht.
Michael Weber
Tierwelt, Nr. 22, 2002