Kleine Soldatenaras brüteten ungewollt
Monika Geiger hat ihre helle Freude an Papageien. Die Kleinen Soldatenaras (Ara militaris) gefallen ihr besonders, darum hält sie neben anderen Papageien ein Paar in einer kombinierten Innen-/ Aussenvoliere. Weil sie Mühe hat, Tiere wegzugeben, wollte sie keinen Nachwuchs und stellte deshalb auch keinen Nistkasten zur Verfügung. Doch die Kleinen Soldatenaras waren anderer Meinung und legten Eier auf den Boden der Innenvoliere.
Sie sei recht erschrocken, als in der mit Aluminium ausgekleideten Innenvoliere plötzlich ein Ei auf den Zeitungen am Boden lag. Doch Monika Geiger dachte, das könne ja mal vorkommen und entfernte das Ei. Alle zwei Tage folgte ein weiteres, allesamt wurden sie entfernt, erst als das Weibchen nicht mehr mit Legen aufhören wollte, liess sie das siebte und achte Ei liegen.
Das Weibchen brütet gewissenhaft und auch das Männchen weilt oft am Boden der Innenvoliere. Gut vier Wochen später ist es so weit: Am 24. Juli 2002 schlüpft ein Kücken, das auf dem Rücken weisslichen Flaum zeigt. Monika Geiger führt gewissenhaft Protokoll über alles, was ihr auffällt. Fünf Tage später krächzt der Kleine fast den ganzen Tag - er bekommt den Namen Quaki. Am 7. Tag steht das Kücken wie eine Kerze da und bettelt. Am 10. Tag erscheinen dunklere Federkiele, am 12. Tag ist die Stimme plötzlich tiefer. Am Tag darauf kann Monika Geiger beobachten, wie das Weibchen den Jungvogel putzt. Der Jungara ist unglaublich gewachsen, er scheint fast zu platzen. Wenn beide Elternteile sich in der Aussenvoliere befinden, wird er gewogen: Quaki ist im Alter von nicht einmal zwei Wochen 256 Gramm schwer. Das entspricht mindestens dem zwanzigfachen Schlupfgewicht. Mit 15 Tagen sind erstmals die Augen etwas offen, drei Tage später schon halb geöffnet. Im Kot sind erstmals weisse Spuren zu sehen, auf dem Hinterkopf zeigen sich die Federn wie schwarze Pinseli. Mit drei Wochen wiegt der Kleine 436 Gramm, ab sofort krächzt das Junge nicht mehr beim Füttern. Mit vier Wochen und 677 Gramm hat er ein dichtes graues Dunenkleid, aus dem grüne Federspitzen schauen. An der Nase zeigen sich die ersten roten Federspitzen. Mit fünf Wochen und 822 Gramm watschelt er schon selbst umher und verbringt viel Zeit mit der Federpflege. Übers «Tierwelt»-Telefon informiert, besuche ich Monika Geiger und ihren unbeabsichtigten Nachwuchs. Der kleine Quaki sitzt im ganz mit Aluminium ausgekleideten Innenflug in einer dunklen Ecke auf unbedrucktem Zeitungspapier und Hobelspänen. Die Altvögel sind gar nicht aggressiv. Ich kann zu ihnen in die Aussenvoliere gehen und wunderbare Fotos knipsen. Auch die Rückwand der Aussenvoliere ist mit Aluminium verkleidet.
Die Altvögel haben nur einen gemeinsamen Namen: Pisco - nach einem peruanischen Grappa. «Ich konnte sie nie auseinander halten und so hatte es keinen Sinn, zwei Namen zu erfinden», meint Monika Geiger. Auch der Nachwuchs erhält bald einen seriösen Namen:Tequila - das sei ein mexikanischer Agavenschnaps (die Namen sind Reisesouvenirs). Insofern weisen beide Namen auf die Herkunft des Kleinen Soldatenaras, der weit über Mittel- und Südamerika verbreitet ist: in Mexiko, Kolumbien, im Norden Venezuelas, östlich entlang der Anden in Ecuador und Peru, in den Osthängen der bolivischen Anden und im Hochland im Nordwesten Argentiniens (Juniper/Parr, Parrots).
Mit fünfeinhalb Wochen wiegt Tequila am Morgen mit leerem Kropf 869 Gramm, am Nachmittag mit gefülltem Kropf 923 Gramm. Zum ersten Mal verhält er sich ängstlich gegenüber seiner Pflegerin und watschelt von der Mitte in die Ecke.
In 50 Tagen 1000 Gramm
Im Alter von sechs Wochen kann er sich auf der Hand festhalten, dabei lässt er die Flügel hängen. Mit sechseinhalb Wochen knabbert er erstmals an einem Peperonistück. Sein Gewicht variiert zwischen 900 Gramm am Morgen und 950 Gramm am Abend. Mit sieben Wochen wird er immer aktiver. Er läuft herum und wirft Holzschnitzel und Zeitungen um sich. Beim Kraulen stellt er die Kopffedern auf. Ein paar Tage später beherrscht er die Ruhestellung auf einem Fuss, er geht mit schnellen Schritten umher und bringt am 51. Tag das höchste Gewicht von 1020 Gramm auf die Waage.Mit acht Wochen probiert er schon verschiedene Früchte, aber nur die von roter oder oranger Farbe. An den Heizröhren versucht er hochzusteigen. Mit achteinhalb Wochen wird er von den Altvögeln täglich nur noch ein- bis zweimal gefüttert. Im Alter von neun Wochen wiegt er immer noch rund ein Kilogramm, doch langsam nimmt das Gewicht wieder ab. Mit zehn Wochen kommt er seiner Pflegerin freiwillig entgegen, wenn sie die Hand hinhält. Erstmals steigt er vom Arm auf die Achsel. Selbstständig steigt er auch auf die Hand, indem er die Füsse selbst hebt. Auch jetzt sitzt das Weibchen immer noch jeden Abend bei ihm am Boden. Gelegentlich legt er sich auf den Rücken und schaut um sich.Immer selbstständigerMit elf Wochen klettert er zum ersten Mal die Holzleiter hoch bis zum Ausgang, einen Tag darauf macht er Flugübungen auf dem Rücken der Pflegerin. Ausserdem hält er das erste Mal mit einem Fuss einen Maisring zum Fressen. Monika Geiger sieht ihn auch trinken. Mit elfeinhalb Wochen übernachtet er zum ersten Mal auf einem Ast, den er über die Heizröhren und einen Strick erklettert hat. Mit zwölf Wochen lässt er sich nicht mehr jeden Tag zum Wägen erwischen, mit dreizehn Wochen macht er den Eltern vieles nach, beim Fressen ist er aber noch nicht so sicher.*Tequila ist ein richtiger Kleiner Soldatenara geworden. Wie ein Kolibri schwirrt er in der Voliere der Altvögel sekundenlang über einem Ast. Er folgt auch gern seiner Pflegerin ins Haus, wo er weiter fliegen kann, als in der Voliere. Tequila ist Monika Geiger ans Herz gewachsen.Franziskus GraberTierwelt, Nr. 11, 2003