Ottavio Bundi aus Nürensdorf ZH ist Tag und Nacht für die Papageien unterwegs
Pensioniert und doch voll eingespannt
Pensioniert, doch beinahe jeden Tag ausser Haus: Diese Aussage trifft auf Ottavio Bundi zu. Er hat eine private Vogelhaltung und ist im Vorstand der Auffangstation für Papageien und Sittiche (APS) aktiv, wo er die Ressorts Pflege, Bau und Unterhalt betreut. Grund genug, den aktiven Mann näher kennenzulernen.
Ottavio Bundi ist beim Parus kein Unbekannter, war er doch rühriger Präsident des Pirol Winterthur. Unter seiner Ägide führte der Verein 2002 erfolgreich die Parus-Schweizer-Meisterschaft durch. Sagt er zu einem Amt Ja, dann will er es richtig machen. Verlässlichkeit und Kompetenz zeichnen diesen Mann aus. Die Ausstellungen unter ihm waren darum immer Höhepunkte. Nachdem er aus dem Vorstand zurückgetreten war, wurde es aber nicht ruhiger um ihn. Eine neue Herausforderung wartete auf den heute 73-Jährigen: die APS.
Unzählige Stunden für die APS
Durch den APS-Präsidenten Rolf Wenger wurde Ottavio Bundi auf das Problem von abgeschobenen Papageien aufmerksam. Die APS überzeugte ihn, weshalb er von Anbeginn an beim Aufbau mithalf. Es gibt nichts, was der schlanke, grauhaarige, kerngesunde Ottavio Bundi nicht kann. Vom ausgeklügelten, am Computer erstellten Arbeitseinsatzplan, der ebenso in einem grossen Zoo hätte geschrieben werden können, über Bodenlegen bis zum Montieren von Volieren, alles erledigt der rührige Bundi selber.
Als die ersten Volieren standen und die Papageien einige Wochen darin lebten, stellte sich bald heraus, dass etliche der Krummschnäbel gerne auf den Holzschnitzeln am Boden umhermarschierten, dabei mit dem Schnabel gruben und den Linoleumboden annagten. «Kein Problem, ich werde alle Volierenböden mit festen Steinplatten versehen», versprach Ottavio Bundi. Auf den beträchtlichen Aufwand hingewiesen, lautete seine lapidare Antwort: «Das ist nur eine Fleissarbeit.» Und da er sich nicht mit Halbheiten abfinden mag, machte er sich gleich an die Arbeit. So lernte man in der APS aus Erfahrungen.
An der APS-Generalversammlung im Februar 2006 stimmten die Mitglieder einem Ausbau der APS zu. Neue Räumlichkeiten wurden im selben Gebäude gemietet. Unter der Leitung von Ottavio Bundi wurde die neue Station, genannt «Matzingen 2», in Rekordzeit umgebaut und eingerichtet und konnte von neuen Papageien bezogen werden. Zentrum der neuen Anlage ist eine 83633 m (L3B3H) grosseVoliere, die einen ganzen Schwarm verschiedenartiger Papageien beherbergt.
Der Tüftler Bundi entwickelt nach eingehenden Beobachtungen immer wieder neue Systeme. So hat er Asthalterungen machen lassen, die es erlauben, belaubte, frische Äste schräg anzubringen. Die Äste wippen, wenn ein Papagei darauf landet und halten den Vogel agil. Auch in der Natur fliegen Papageien oft ganz dünne Ästchen an, die sich imWind wiegen, sodass dieVögel ausbalancieren müssen. Das Futter wird in grossen, runden Schalen auf in der Grossvoliere verteilten Baumstämmen gereicht. So verschmutzen das Gitter und der Aussenbereich weniger und die Schalen können von überall her angeflogen werden.
Bei Arbeiten in der Voliere ist ein Gelbhaubenkakadu (Cacatua galerita) Ottavios treuer Begleiter. Er sitzt triumphierend auf seiner Schulter, lässt sich kraulen und geniesst es, wenn der umtriebige Mann mit ihm spricht. Leider hat der Vogel überhaupt kein Verständnis dafür, dass er auch wieder von seinem mobilen Sitzplatz muss, weshalb Ottavio Bundi immer wieder mit zerlöcherten Kleidern, angebissenen Schuhen und blutenden Ohren nach Hause kommt. Seine Frau Helen hat sich mittlerweile daran gewöhnt. Wenn ihr Mann wieder einmal den ganzen Tag in der APS war, übernimmt Helen Bundi, die gebürtige Dübendorferin, die Fütterung der Vögel zu Hause. Bundis halten im Garten ihres Hauses zwei Paare Graupapageien (Psittacus erithacus). Die Vögel haben Innenvolieren in einem heizbaren, isolierten Gebäude zur Verfügung. Die Volieren sind schrankartig konzipiert, sodass sie einfach und stehend gereinigt werden können.
Ursprünglich hatten Bundis einen Graupapageienwildfang von einer Frau übernommen, die den Vogel nicht mehr halten konnte. Das Tier war darum sehr auf Frauen geprägt. Bald aber wurde es zutraulich, liess sich anfassen und legte sich am Schluss gar wie ein junger Hund auf den Schoss von Ottavio. Gerne setzte es sich auch auf den Kopf von Helen und liess sich streicheln.
Anhaltendes Rupfproblem
Eigenartigerweise begann sich das Tier in dieser Phase zu rupfen, weshalb ihm ein Zweitvogel zugesellt wurde. Beide verstehen sich bis heute gut. Das Rupfproblem hat aber bis heute angehalten. Der Vogel ist glücklich und pfeift auch mitten in der Nacht, wenn Bundis nach Hause kommen, munter aus seinem Vogelhaus. Auch die Anschaffung eines zweiten Paares Graupapageien hielt den eigentümlichen Vogel nicht davon ab, sein Gefieder zu rupfen. Einmal hatte der Vogel das Weite gesucht. Nach einigen Tagen kam er wieder zurück, setzte sich auf Ottavios Schulter und liess sich wieder ins Vogelhaus tragen, wo Futter auf ihn wartete. Früher war Ottavio Bundi mit dem Tier auf der Schulter in den Garten gegangen. Der Graupapagei war also an die Situation gewöhnt.
In einer Voliere leben zusammen mit Chinesischen Zwergwachteln (Coturnix chinensis), Kalifornischen Schopfwachteln (Callipepla californica) und Europäischen Wachteln (Coturnix coturnix) drei Paare Singsittiche (Psephotus haematonotus), die schon verschiedentlich züchteten. In einem grossen Gitterkäfig in der Aussenvoliere werden Klee und andere Gräser gezogen. Sind sie gross, kann der Käfig einfach auf ein anderes Erdstück gestellt werden. Die Wachteln können sich dann über das frische Grün hermachen, während an einer neuen Stelle frische Sämereien keimen.
Mit den Diamantfinken (Stagonopleura guttata) gelingen schon lange Zuchterfolge. Kolbenhirse und lange Grashalme tragen die Vögelchen senkrecht flatternd in die Höhe, um sie anschliessend in ein Körbchen einzutragen. Die Australier verbauen auch Kokosfasern. Sind die Jungen geschlüpft, füttert Ottavio Bundi nebst Sämereien, Früchten und Gemüse auch Mehlwürmer.
Eine Voliere wie ein Aquarium
Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich in einem Zimmer eine beleuchtete, mit einer Glasscheibe vom Raum abgetrennte Voliere, ähnlich einerVitrine. Sie dient Diamantfinken als Innenvoliere. Vom Zimmer aus können die munteren Vögel wunderbar, wie in einem Aquarium, beobachtet werden. Fliegen sie in die Aussenvoliere, gelangen sie in einen tropischen Dschungel. Eine Wildrebe wächst über und durch das Gitter und lässt ihre Ranken in die Voliere hängen. Diese Haltungsform von Vögeln im Haus ist ideal. DerVogelliebhaber hat so doch die Möglichkeit, vom Wohnbereich aus nach einem arbeitsreichen Tag gemütlich seine Vögel zu beobachten, er bekommt viele Verhaltensweisen mit, die ihm sonst verborgen blieben, und die Gefiederten können sogar noch eine Aussenvoliere aufsuchen.
Früher wurden in diesem Haltungssystem Wellensittiche (Melopsittacus undulatus) gepflegt. In einer separaten, länglichen Voliere leben noch verschiedene Steinsittiche (Pyrrhura rupicola) in Harmonie miteinander. Vor der Voliere sitzt Bundis alter Hund und bestaunt eine Weile die Südamerikaner.
Vielseitig interessiert
Vögel, das Fliegen an sich, das hat Ottavio Bundi schon immer fasziniert. Bereits als Kind hielt erWellensittiche. Ist es da verwunderlich, dass er sich später selber in die Luft wagte? Als Gleitschirmflieger hat er die Schweiz oft aus der Vogelperspektive gesehen. Er war demWind ausgesetzt, demWind, den er zuvor bereits als eifriger Segler kennen- und schätzen gelernt hatte und der ihn auf zahlreichen Schweizer Seen an Segelregatten vorwärtsbrachte.
Ein Wunder, dass nebst all diesen Freizeitbeschäftigungen auch noch das Familienleben Platz fand. Bundis haben vier Kinder, die alle im schönen Haus mit Garten in Nürensdorf aufwuchsen. Ottavio Bundi war immer ein praktischer Mensch. Nach einer Lehre als Maschinenzeichner bildete er sich zum Ingenieur weiter. Die beruflichen Kenntnisse kommen ihm heute noch zugute, wenn auch nicht mehr bei Grossaufträgen der Industrie, so doch als allseitig einsetzbarer Fachmann in der APS. Seine Frau Helen hat ihn stets unterstützt und hat seine Freude an den Gefiederten geteilt. Sie begleitet ihn oft nach Matzingen und hilft ihm beim Installieren der Volieren.
Text und Bilder: Lars Lepperhoff
Tierwelt, Nr. 14, 2007